Von 3. bis 28. Oktober findet in Rom die Jugendsynode statt – das große weltkirchliche Ereignis dieses Jahres. P. Bernhard war zufällig in dieser Zeit in der Ewigen Stadt: Er bringt lesenswerte Impulse von Papst Franziskus und schildert seine Eindrücke.
WEICHENSTELLUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT
Eindrücke von der Jugendsynode in Rom
Im Oktober war ich wieder eine Woche nach Rom eingeladen – der Benediktinerorden hat dort ja seine oberste Leitung und führt in Sant’Anselmo auf dem Aventin eine Universität. Am Rande habe ich einiges über die Jugendsynode mitbekommen.
I. Die Synode in Rom
Im März 2018 hatte die Vorsynode mit 300 jungen Leuten aus aller Welt stattgefunden. Nun trafen sich für drei Wochen 267 Bischöfe aus aller Welt. 49 junge Gasthörer zwischen 18 und 19 Jahren waren bei den Sitzungen ebenso dabei wie 23 externe Fachleute. Das Instrumentum laboris bildete die Arbeitsgrundlage für die einzelnen Sitzungen. Die vielen einzelnen Redebeiträge von jeweils 3 Minuten wurden in Fünferblöcken zusammen gefasst, nach jedem dieser Blöcke hatte Papst Franziskus ein jeweils drei minütiges Schweigen verordnet – zur Unterscheidung der Geister.
Es gab mehrere Treffen der 14 Sprachgruppen. Dabei wurden die großen Unterschiede deutlich: Die konkreten Situationen junger Menschen sind von Kontinent zu Kontinent verschieden. In Afrika und Lateinamerika ist die Korruption ein großes Problem, Europa und Nordamerika beschäftigt dagegen die Entchristlichung der Gesellschaft. Einer der Bischöfe sagte mir, er hätte sich vor der Synode gefragt, warum er fast einen Monat nach Rom müsse, das ganze hätte doch mit entsprechenden Unterlagen in einigen Tagen abgehandelt werden können. Im Laufe der Synode merkte er, wie wichtig der lange Zeitraum war, damit eine echte Kultur des Hinhörens und eine lebendige Dynamik entstehen könne.
Am 22. Oktober wurden die Statements aus den Sprachgruppen vorgetragen, am 23. Oktober eine Zusammenfassung der ganzen Synode vorgelegt, die dann ab 24. Oktober diskutiert sowie bearbeitet und schließlich verabschiedet wird. In etwa einem halben Jahr kommt ein nachsynodales Schreiben von Papst Franziskus heraus, das dann grundlegend für die ganze Kirche zum Thema Jugend und Glaube und die Entscheidungsfindung sein wird.
II. Impulse des Papstes
Papst Franziskus liegt sehr an der Stärkung des synodalen Elements. So möchte ich nicht einzelne Redebeiträge bringen, die durch kirchliche Medien aufgegriffen wurden, sondern aus dem Anfangsimpuls von Papst Franziskus zitieren (vgl. Osservatore Romano vom 12. Oktober 2018, deutsche Wochenausgabe). Seine Vorgaben und Anleitungen scheinen mir über die Jugendsynode hinaus von großer Bedeutung für die ganze Kirche, die Gesellschaft, unsere Familien, das Zusammenleben und –arbeiten zu sein:
- Eine ehrliche und transparente Kritik ist konstruktiv und hilft, was für unnützes Gerede, Gerüchte, Unterstellungen oder Vorurteile nicht gilt.
- Wenn jemand spricht, den ich nicht mag, dann muss ich ihm erst recht zuhören, denn jeder hat das Recht, angehört zu werden, und jeder hat das Recht zu reden.
- Ihr müsst offen sein für Neues, um eure eigene Meinung zu ändern aufgrund dessen, was ihr von den anderen gehört habt.
- Die Unterscheidung der Geister ist kein Werbeslogan, sie ist keine Organisationstechnik und auch keine Mode dieses Pontifikats, sondern eine innere Haltung, die in einem Glaubensakt verwurzelt ist.
- Sie gründet in der Überzeugung, dass Gott in der Geschichte der Welt, in den Ereignissen des Lebens, in den Personen, denen ich begegne und die mit mir sprechen, am Werk ist. Deshalb sind wir gerufen, auf das zu hören, was der Geist uns in oftmals unvorhersehbaren Arten und Richtungen eingibt.
- Ich möchte eine Kirche, die Gehör schuldet, auch den jungen Menschen gegenüber, die sich von der Kirche in ihrer Originalität oft nicht verstanden und in ihrem wirklichen Sosein nicht angenommen, ja bisweilen sogar zurückgewiesen fühlen.
- Eine Kirche, die nicht zuhört, zeigt sich für die Neuheit verschlossen, verschlossen für die Überraschungen Gottes und wird nicht glaubwürdig erscheinen, insbesondere bei den jungen Menschen, die sich unvermeidlich entfernen werden, anstatt sich zu nähern.
- Befreien wir unsere Herzen von Vorurteilen und Klischees!
- Die jungen Menschen sind versucht, die Erwachsenen als überholt zu betrachten; die Erwachsenen sind versucht, die jungen Menschen für unerfahren zu halten, zu wissen, wie sie sind und vor allem wie sie sich verhalten müssen.
- Wir müssen mit Entschiedenheit das Übel des Klerikalismus überwinden. Er entsteht aus einer elitären und ausschließlichen Sicht von Berufung, die das empfangene Amt als eine auszuübende Macht versteht und nicht als einen mit Selbstlosigkeit und Großmut anzubietenden Dienst.
- Man muss allerdings auch den Virus der Selbstgenügsamkeit behandeln wie auch die übereilten Schlussfolgerungen vieler junger Menschen. Es geht nicht, sich von allem loszusagen und alles abzulehnen, was durch die Jahrhunderte überliefert wurde. Das führt nur zu einem schädlichen Verlust und zu einem Zustand der Leere.
- Brüder und Schwestern, die Synode möge unsere Herzen aufwecken! Wir erleben derzeit einen Kairos, in dem der Herr uns entgegen kommt, um uns zu lieben und zur Fülle des Lebens zu rufen. Die Zukunft ist keine Bedrohung, die man fürchten müsste, sondern eine Zeit, die der Herr uns verheißt!
III. Buntes, lebendiges Bild in Rom
Auffallend, wenn ich durch die Stadt ging: Bischöfe und junge Leute, die sie begleiten. Es war eine Zeit, Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. Unvergesslich war für mich der Nachmittag an der Universität der Dominikaner, wo ich über die Zukunft des benediktinischen Lebens sprechen sollte. Wie aufmerksam die Studenten aus aller Welt waren, welche tiefen Fragen sie stellten, wie sie mir alles Gute für meinen Weg und mein Kloster wünschten. Dabei merkte ich: Wenn wir von unseren Schwächen und der mangelnden Orientierung sprechen, öffnen sich die Herzen – und echter Dialog kann stattfinden.
Bei einem Mittagessen mit dem österreichischen Jugendbischof Stephan Turnovszky saß ein paar Tische weiter ein Jugendbischof einer anderen Bischofskonferenz, zusammen mit fünf jungen Leuten seines Landes. Wir kamen ins Gespräch. Es wurde deutlich: Bischöfe sind nicht unantastbare, alles wissende Führer der Kirche, sondern mit dem Volk Gottes unterwegs. Ein neuer Stil, den unser Jugendbischof auch in der Synodenaula erlebte: Da gäbe es spontanen Applaus, ausgelöst v.a. durch die jugendlichen Beobachter.
Freilich, die Kirche und ihre Hirten merken auch, dass ihre Haltungen und Ideen nicht immer auf der Höhe der Zeit sind und es gut tut, auf die Jugendlichen zu hören. Auf der Piazza Navona sprach mich eine junge Frau aus Deutschland an, die bei Nightfever aktiv ist; wir kennen uns von einem Vernetzungstreffen neuer Jugendbewegungen. Sie sagte, die Redebeiträge seien schön und gut, aber ihr sei besonders wichtig: dass der Glaube neue Strahlkraft erlangt und sie Hilfen im Glauben erhält, die ihre Christusbeziehung nähren.
Hören wir verstärkt auf die Jungen, wo immer uns das möglich ist. Und nicht nur auf die, die ohnehin schon in katholischen Gruppen aktiv sind …
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