“Wo ich auch gehe, du warst schon da”

Zeitliche Profess von frater Philipp Wögerbauer
philipp 2Erster Adventsonntag, draußen herrscht Finsternis, und es regnet. Die Marienkapelle ist hell erleuchtet, die Benediktiner feiern die Vesper. Der Novize kniet sich nieder, um ihn herum stehen die Mitbrüder. Fr. Philipp singt im gregorianischen Choral: „Suscipe me, Domine, secundum eloquium tuum et vivam. Et ne confundas me ab expectatione mea. – Nimm mich an, o Herr, wie du es verheißen hast, und ich werde leben. Lass mein Vertrauen nicht zuschanden werden.“ Die Benediktiner singen diese Verse als Bestärkung für den jungen Mitbruder und als Erinnerung an ihre eigene Profess gemeinsam nach.
philipp 1Florian Wögerbauer war jahrelang im Stift Kremsmünster zu Gast und vor einem Jahr als Frater Philipp ins Noviziat eingetreten. Nun legte der 35-Jährige die Gelübde der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams ab. Aus Pfarrkirchen im Bezirk Rohrbach kamen zu diesem Anlass seine Eltern und seine Schwester, die Marienkapelle war bis auf den letzten Platz mit Freunden besetzt, die fr. Philipp im Stift während der letzten Jahre kennengelernt hatte.Nach dem Evangeliumsabschnitt über die Heilung des blinden Bartimäus sagte Pater Daniel in seiner Predigt: „Mit Leib und Seele wird er angesprochen, an Leib und Seele geheilt. Das Geschehen der Nachfolge ist ganzheitlich – nicht halbherzig. Es fordert den ganzen Menschen, es fordert das Leben – unser Leben!“ In der Profess übereignet sich der Novize Gott und bindet sich an die klösterliche Gemeinschaft, machte P. Daniel deutlich: „In der Mönchsprofess geht es um diesen Akt der Ganzhingabe. Vom Kloster kann erst dann gesprochen werden, wenn der innere Lebensraum der Gemeinschaft nicht besetzt ist durch die Dinge, die der einzelne für sich anhäuft. Teile ich den mir anvertrauten Besitz? Bin ich bereit, mir zeitlich anvertraute Aufgaben und Dienste wieder abzugeben?“
philipp 2In Anspielung auf die lebensbedrohliche Krankheit, die fr. Philipp als 15-jähriger Florian ereilt hatte und einen jahrelangen Kampf erforderte, sagte P. Daniel: „Fr. Philipp – die Profess ist eine gehörige Herausforderung, mit Leib und Seele: Die Verfügungsgewalt über unseren Leib, über unseren Willen mögen wir abgeben an Christus. Ich sage dies bewusst, wo Dir ja diese Eigenmächtigkeit über Leib und Wollen bereits als junger Mensch zwangsweise entzogen worden ist – durch schwere Krankheit, durch schwere Operationen. Jetzt, Philipp, gibst Du aus freien Stücken Dich hin – ganz, im Vertrauen auf den Herrn, der Dich leben lässt.“
Wie sehr Gott fr. Philipp aufleben lässt, wurde deutlich, als er ein Lied vorsang, mit der Gitarre und im Refrain begleitet von Theresia Obermair: „Wo ich auch stehe, Du warst schon da. Wenn ich auch fliehe, Du bist mir nah. Was ich auch fühle, Du wirst versteh’n. Und ich danke dir, dass Du mich kennst und trotzdem liebst. Herr Du richtest mich wieder auf, und Du hebst mich zu Dir hinauf.“
P. Bernhard